Zweiter Arbeitsbericht aus dem Leistungsbereich „Entwicklung neuer Kollaborationsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle“ – Nutzen von Prozessdaten für Analysen des Geschäftsmodells

In diesem Leistungsbereich werden Konzepte und Lösungen zur kollaborativen Geschäftsmodellentwicklung und -adaption auf Basis von Datenanalysen entwickelt. Zusammen mit den Anwendungspartnern wurde eine konzeptionelle Ausarbeitung entwickelt, die als Grundlage zur funktionalen Ausgestaltung des Leistungsbereiches dient. In enger Kooperation mit den Anwendungspartnern werden prototypische Artefakte entwickelt, die zur wissenschaftlichen Evaluation der Konzepte und als Basis für die Implementierung von Softwarelösungen dienen.

Das Geschäftsmodell (GM) und die zugrundeliegenden Prozesse

Neben der Analyse der Kundensicht auf ein GM (Use Case 7) wird im Rahmen des Projekts AKKORD in AP 3 auch die interne Sicht auf ein GM betrachtet. Hierzu eignen sich organisationsinterne Datenbestände sowie Prozessdaten, die grundsätzlich eine Ebene unter dem Geschäftsmodell anzusiedeln sind. Es lassen sich bspw. aus Produktionsprozessen Rückschlüsse auf den Geschäftsmodellbereich Schlüsselaktivitäten ziehen. Bestehen Schwierigkeiten über mehrere Prozesse hinweg, können natürlich einerseits die Prozesse angepasst werden, andererseits könnte es sich jedoch auch um ein strategisches Problem handeln, das nicht auf Prozessebene adressiert werden sollte. Im Beispiel der Produktionsprozesse könnte aufgefallen sein, dass einzelne Prozessschritte lange dauern oder nicht durchgeführt werden, da auf Teile gewartet wird. Steckt dahinter ein anderes Problem als das reine Planen und Einbringen der Teile in den Produktionsprozess, kann bspw. entschieden werden, ob Teile zugekauft, vermehrt selbst gefertigt oder alternative Teile eingesetzt werden können. Neben oder anstatt von Produktionsprozessen lassen sich noch eine Reihe weiterer relevanter Bereiche und Daten für das Geschäftsmodell identifizieren.

Um die Daten abzugrenzen und den Geschäftsmodellbereichen zuordnen zu können, sollte die gesamte Wertschöpfungskette des Unternehmens betrachtet werden. Im Idealfall liegen dann Prozessdaten in Form von Prozess-Logs je Geschäftsbereich, Abteilung oder Organisationseinheit vor.

Mapping von Prozessdaten auf die Bereiche des Business Model Canvas

Um sinnvolle Rückschlüsse auf das Geschäftsmodell ziehen zu können, müssen die Prozessdaten einzelnen Geschäftsmodellbereichen zugeordnet werden. Hierzu eignet sich der Business Model Canvas, der bereits Bereiche, wie bspw. Schlüsselaktivitäten, -ressourcen oder Kundenbeziehungen und Nutzenversprechen, vorgibt. Daten können dabei auch mehreren GM-Bereichen gleichzeitig zugeordnet werden, da einerseits die Bausteine des BMC nicht überschneidungsfrei sind und andererseits eigene strategische Überlegungen bei der Zuordnung eine Rolle spielen können. Prozessdaten aus der Produktion von Waren können bspw. neben dem Geschäftsmodellbereich Schlüsselaktivitäten auch dem Bereich Nutzenversprechen zugeordnet werden, wenn die produzierte Ware an den Kunden verkauft wird und dieser daraus einen Nutzen zieht. Um Geschäftsprozessen zu Geschäftsmodellbereichen modellhaft zuzuordnen, müssen auch die vorliegenden Prozessdaten entsprechend eingeteilt (Informationen zu Produkten, Preisen, Kunden etc.) werden.

Ontologie zum Mapping von XES Daten auf Geschäftsmodellaspekte

Das Forschungsgebiet Process Mining befasst sich mit der Analyse von geschäftlichen Prozessdaten, wobei hier die im Unternehmen durchgeführten Prozesse erkannt (Process Discovery), anhand von definierten Prozessregeln bewertet (Process Conformance Checking) und ihre Abläufe optimiert (Process Enhancement) werden. Dabei werden sogenannte Logdaten verwendet, die Informationen über eine ausgeführte Aktivität, den Akteur und die Zeit der Ausführung beinhalten. Als de facto Standard für Process Mining Daten hat sich das Extensible Event Stream Format (XES) etabliert. Neben diesen grundlegenden Daten, können auch weitere Informationen wie Preise in den XES-Dateien gespeichert werden.

Um im Rahmen des Verbundprojektes AKKORD Daten aus Unternehmensprozessen hinsichtlich des bestehenden Geschäftsmodells bewerten zu können, wurde im Rahmen von AP 3 eine Ontologie erstellt, mit deren Hilfe eine Zuordnung von einzelnen Datenfeldern einer solchen XES Datei hin zu einem Geschäftsmodell ermöglicht wird. Ontologien stellen generell eine Menge von Begriffen sowie ihre Beziehungen und Regeln untereinander dar. Für AKKORD wurde im ersten Schritt eine Ontologie anhand eines Datensatzes definiert, durch die eine grobe Einteilung der Daten hin zu einem Geschäftsmodellbereich möglich wird. Dabei wurde im Besonderen die Art der Daten, also ob es sich um numerische oder textuelle Informationen handelt, berücksichtigt. In einem zweiten Schritt wurde die erste Version der Ontologie zu einer allgemeinen Version weiterentwickelt, die auf Basis von mehreren Datensätzen erstellt wurde. Hierbei wurden Fallunterscheidungen der ersten Version verallgemeinert. Abbildung 1 zeigt die dabei erstellte Ontologie in vereinfachter Form.

Abbildung 1: Allgemeine Ontologie zum XES mapping auf Geschäftsmodellaspekte

Ausblick

Die im Rahmen des AP 3 erstellte Ontologie soll zusammen mit dem in Use Case 7 erstellten Prototypen zum Mapping von Kundenbewertungen auf das Geschäftsmodell eine umfassende Bewertung eines bestehenden Geschäftsmodells ermöglichen und somit Optimierungspotenziale aufzeigen und geeignete Maßnahmen vorschlagen. Die Ontologie wurde in Ansätzen in einem Prototyp umgesetzt, der eine semi-automatisierte Zuordnung von XES Datenfeldern hin zu den Bereichen eines Geschäftsmodells ermöglicht. In den nächsten Schritten soll diese Umsetzung weiter ausgebaut werden, sodass die Zuordnung besser automatisiert werden kann und manuelle Anpassungen seltener notwendig sind.

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