Erster Arbeitsbericht aus der Erfolgsgeschichte 8 „Roll-Out Strategien für Data Analytics im Dreiklang von Technik, Organisation und Mensch“

Ziel des Use Case 8 ist die Definition eines modularen Vorgehensmodells zur Unterstützung der Einführung (Idee bis produktivem Einsatz) von Data Analytics im Dreiklang Mensch, Technik und Organisation. Das Vorgehensmodell liefert konkrete Handlungsempfehlungen für die technische Lösungsentwicklung und -umsetzung und das Change-Management auf Basis einer ganzheitlichen Interview-Serie „Mensch-Projekt-Organisation“.

Ausgangssituation

Der methodische Umgang mit Data Science-bezogenen Themen in einem Unternehmen, also Industrial Data Science – IDS, ist ein vielfaltiges Thema sowohl aus technischer und fachlicher Sicht als auch aus organisatorischer und menschlicher Sicht. Die Speicherung und Verarbeitung von Daten, die Entdeckung nützlicher Muster in Daten, die Modellentwicklung und das Deployment der Lösung wird durch eine Reihe von iterativen Aktivitäten ermöglicht, die zusammen als Data Science Vorgehensmodell bezeichnet werden.

Im Laufe der Jahre wurden von verschiedenen akademischen und kommerziellen Einrichtungen unterschiedliche Rahmenbedingungen für diesen Prozess vorgeschlagen (wie CRISP-DM). Wenn man genauer hinschaut, wird man feststellen, dass alle diese Frameworks gemeinsame Merkmale aufweisen. Daher kann ein allgemeineres Framework extrahiert werden. Dieses Framework ähnelt (unvermeidlich) dem CRISP-DM-Prozess, da er die Essenz von IDS-Projekten erfasst und auf eine Vielzahl von IDS-Problemen angewendet werden kann. Ein solches Modell muss auch im Einklang mit dem allgemeinen IT-Entwicklungsprozess stehen, angefangen von der Problemanalyse und dem Anforderungsmanagement über die Planung bis hin zur Entwicklung, Prüfung, Bereitstellung und Operationalisierung. Zusätzlich setzt die Durchführung von Datenanalyseprojekten in den Unternehmen spezifische IT-Systeme (Tools & Infrastruktur) sowie Prozesse & Rollen voraus, die bei vielen Unternehmen einen erheblichen strukturellen Wandel erfordern. Mit Blick auf die Dimensionen Mensch und Organisation fehlt in den standardisierten Modellen jedoch ein detailliertes Verständnis dazu, welche Faktoren den Erfolg oder Misserfolg eines Data Science Projektes beeinflussen.

Vorgehen

Ein standardmäßiger datenwissenschaftlicher Prozess lässt sich in den meisten sogenannten IDS-Projekten formulieren. Er umfasst (1) das Verständnis des Problems, (2) das Vorbereiten der Daten, (3) das Entwickeln eines Modells, (4) das Anwenden des Modells auf einen Datensatz, um zu prüfen, wie das Modell in der realen Welt funktionieren kann, und (5) die Bereitstellung und Wartung der Modelle.

Parallel und übergreifend dazu ist das Veränderungsmanagement erforderlich, um einen Wandel innerhalb der Organisation zu unterstützen und die datenwissenschaftlichen Ziele mit den Unternehmenszielen in Einklang zu bringen. Denn um das IDS-Projekt zum Erfolg zu bringen, muss der Umgang mit dem neuen System nahtlos sichergestellt und potenzielle Konflikte auf operativer Ebenen gelöst werden.

Ergebnisübersicht

Infolgedessen wurden im Rahmen des UC8 drei konkrete Ergebnisse erarbeitet – eine Interviewstudie, ein Reifegradmodell und ein Vorgehensmodell.

Interviewstudie

Im Rahmen des Forschungsprojekts AKKORD haben wir eine branchen-, berufs- und altersübergreifende qualitative Interviewstudie mit 50 Führungskräften und Experten durchgeführt.

Fokus der Studie war es zu verstehen,

  • welche Erfahrungen zu Erfolgsfaktoren und Hemmnissen bei der Durchführung von Industrial Data Science Projekten gesammelt wurden
  • was die Mitarbeiter im Bereich IDS und Künstliche Intelligenz (KI) antreibt
  • wie die Mitarbeiter diese Themen in ihrem Arbeitsumfeld erleben und welche Change-Management Maßnahmen bereits umgesetzt wurden und erfolgskritisch sind.

Die Durchführung der Studie erfolgte 2020 halbstrukturiert unter Verwendung eines Interviewleit-fadens.

Abbildung 1: Interviewstudie

Die gesamte Studie ist auf der AKKORD Webseite abrufbar (Link).

Reifegradmodell

In der Interviewstudie wurden die Anforderungen und Erfolgsfaktoren für Data Science Projekte der beteiligten Unternehmen identifiziert und in ein Reifegradmodell übertragen. Dabei wurden die Bereiche Organisation, Technik und Mensch zu Grunde gelegt. Das Reifegradmodell wird im Laufe von 2021 auf der AKKORD-Plattform zur Verfügung gestellt. Derzeit ist es noch im Test mit Forschungspartnern.

Es bietet mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, anhand eines Fragebogens den Reifegrad zu erfassen. Das Ergebnis zeigt die Stärke der Ausprägungen je Erfolgsfaktor im Unternehmen. Damit ermöglicht das Reifegradmodell eine Identifikation potenzieller Entwicklungsfelder für das gesamte Unternehmen sowie ein systematisches Erarbeiten relevanter Maßnahmen.

Die wichtigsten Kategorien sind in der folgenden Abbildung erfasst:

Abbildung 2: Kategorien

Vorgehensmodell

Das Vorgehensmodell (VM) basiert sich auf das Industrie-Standard CRISP-DM (Cross-Industry Standard Process for Data Mining) und erweitert den Prozess in Richtung Technologie, Mensch und Organisation. Das VM bringt die Ergebnisse 1 und 2 zusammen und stellt eine allgemeine Roadmap für die Initiierung und Durchführung von IDS-Projekte dar.

Die einzelnen Modulen, sowie ihre Zwischeniterationen, lassen sich je nach Problemstellung unterschiedlich gewichten. Allerdings spielt jedes Modul eine entscheidende Rolle für den Erfolg des Gesamtprojektes. Die Rückkopplungsschleifen zwischen den Modulen deuten an, dass es keinen vordefinierten Endpunkt in dem Prozess gibt. Jeder iterativer Durchlauf lässt neue Fragen beantworten.

Abbildung 3: Vorgehensmodell

Im Modell werden folgende IDS-Aspekte beleuchtet u.a.:

  • die unterschiedlichen Data Science Ansätze: Descriptive, Diagnostic, Predictive und Prescriptive Analytics
  • alternative Vorgehensmodelle, wie KDM (Knowledge Discovery in Databases) und SEMMA (Sample, Explore, Modify, Model, and Assess)
  • ein Priorisierungsverfahren für KI-Projekten
  • Begriffe wie Key Performance Indicators, Measures, Metrics
  • die fachlichen und organisatorischen Rollen in IDS-Projekten
  • die Data Science Toollandschaft (letzte Aktualisierung im Mai 2021)
  • Begriffe wie Datentypen, Skalenniveaus, Datenpipelines und Datenbericht
  • die Disziplinen Machine Learning und Deep Learning, sowie die Learning-Typen, Problemstellungen und Modellierungsmethoden
  • Evaluierungsziele und Deployment-Strategien
  • umfassendes IDS-Glossar

Das Modell ist auch als Lektion-Modul verfügbar unter Work und Learn Plattform (Link bald verfügbar).

Zusammenfassung und Ausblick auf die weiteren Forschungsziele

Während in der bisherigen Forschungsarbeit der mosaiic die Sammlung von Informationen sowie die theoretische Definition eines Vorgehensmodells im Vordergrund standen, sollen in der nächsten Phase des AKKORD Projektes die bisherigen Ergebnisse weiterentwickelt bzw. mit Forschungspartnern verprobt werden. Des Weiteren werden die bisherigen Ergebnisse mit den Aktivitäten anderer Forschungspartner vernetzt.

Bis zum Ende des Forschungsprojektes sollen bei der mosaiic folgende Forschungsziele erreicht werden:

  • Verprobung des von der mosaiic definierten Vorgehensmodells mit einem Forschungspartner
  • Erarbeitung eines pragmatischen Rollenmodells Data Science Projekte für KMU gemeinsam mit Forschungspartnern
  • Best Practice Nutzenstory (wenn Finanzierung sichergestellt werden kann)
  • Vernetzung Reifegradmodell aus der durchgeführten Interviewstudie mit einschlägigen Initiativen der Partner
  • Weitere Forschung zur erfolgreichen Verankerung von Projektergebnissen aus PoC Phasen in die die Unternehmensstrukturen.

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