Erster Arbeitsbericht aus der Erfolgsgeschichte 2: „Datengetriebenes vernetztes Qualitätsmanagement“

Ausgangssituation

Abbildung 1: Zukunftsbild Miele Qualitätsmanagement Business unit Laundry (Aussschnitt)
Erstellt mit Unterstützung von Visual Facilitators GmbH, Susanne Ferrari, 2020

In welche Richtung soll sich der Bereich Qualitätsmanagement entwickeln oder weiterentwickeln, um die erlebte Qualität beim Kunden (perceived quality) auf ein neues Level zu heben? Ein wichtiger Teil der Antwort für Miele: durch intelligente Nutzung und Vernetzung von Daten, die das Expertenwissen der Mitarbeitenden nutzt und erweitert und so das Wissen rund um die erlebte Qualität schnell dort verfügbar macht, wo sie am besten beeinflusst werden kann – nämlich überall im Unternehmen.

Den Potentialen und Erwartungen, die mit zunehmender Verfügbarkeit großer Datenmengen und guten Data Science Ansätzen verknüpft sind, stehen einige Herausforderungen gegenüber, zum Beispiel: heterogene Datenstrukturen, eine ausbaufähige Datenkompetenz bei Mitarbeitenden, die über wichtiges Fachwissen verfügen, und fehlendes Wissen über die Aufwände und Komplexität von Datenanalyseprojekten in der Organisation.

Zielsetzung und Vorgehen

Use Case 2 „vernetztes und datengetriebenes Qualitätsmanagement“ hat sich zum Ziel gesetzt, die Grundlagen für ein stufenweise ausbaufähiges, effizientes und ganzheitliches Reporting- und Analysesystem zu legen, das Transparenz über die Qualitätslage schafft und den Fokus anwenderspezifisch differenziert auf Potentiale zur Qualitätsverbesserung und Optimierung von Produkten und Prozessen setzt.

Die Kernaspekte des Use Case korrespondieren mit unterschiedlichen Bausteinen des AKKORD-Referenz-Baukastens (siehe Abbildung 2): Im fachlichen Zentrum stehen die generalisierten Vorverarbeitungs- und Analysebausteine zur effizienten Datenanalyse und -vernetzung, was ausdrücklich pragmatisch und niederschwellig anwendbare Data Science Ansätze einschließt. Zu einer methodischen Vorgehensweise werden diese Bausteine ergänzt um Fragestellungen zum Umgang mit Daten und Grundlagen der Datencharakterisierung. Um die Nutzung von Analysen und Visualisierungen anwendergerecht gestalten zu können, spielt auch eine gute Methodik im Themenbereich Geschäftsverständnis (Business Understanding) eine wichtige Rolle mit besonderem Augenmerk auf die Anwender (Customer Acceptance). Die Mitarbeit im Forschungsprojekt ermöglicht einen breiten Erfahrungsaufbau im Projektteam und darüber hinaus und wird durch Aspekte des Change-Managements unterstützt. Dieses und weiteres Wissen soll mittelfristig zusätzlich auch durch
die Lernplattform vermittelt werden und so einem breiteren Personenkreis zugänglich gemacht werden.

Miele als Use Case Owner arbeitet im Use Case eng mit weiteren Konsortialpartnern zusammen.

Abbildung 2: Einordnung Use Case 2 in den AKKORD Referenzbaukasten

Hauptsächlich sind dies die Firma mosaiic, die zu den Themen Methoden- und Change-Coaching unterstützt sowie RapidMiner in der Erarbeitung generalisierten Vorverarbeitungs- und Analysebausteine. Das Institut für Produktionssysteme (IPS) erarbeitet im Kontext des Use Case eine eigene Fragestellung, die sich in verallgemeinerter Form auf den ganzen Use Case übertragen lassen wird.

Die konkreten Fragestellungen des Use Case sind aus Daten und Informationen der Feldbeobachtung abgeleitet, die bei Miele seit Jahren zur Beobachtung der Qualität im Feld genutzt werden und konkretes Feedback aus der Nutzungsphase von Miele-Geräten geben. Konkrete Themenfelder für Reporting und Analyse wurden bereits im Vorfeld konzernübergreifend identifiziert und beziehen sich zum Beispiel auf Daten aus Kundendiensteinsätzen, Daten aus vernetzten Geräten und Daten aus Lebensdauerprüfungen.

Das Vorgehen im Use Case soll möglichst anwendungsnahe Lösungen ermöglichen. Daher werden alle Aspekte anhand sehr konkreter Fragestellungen und Anwendungsbeispiele erarbeitet, um ausgehend von einer Grundidee über den Proof of Concept in eine generalisierte Vorgehensweise für den ganzen Use Case überführt zu werden. Auch die Generalisierung soll stets anhand konkreter Datenquellen und Fragestellungen weiterentwickelt und validiert werden.

Bisherige Ergebnisse

Als Grundlage für das Vorgehen für alle Fragestellungen im Use Case wurden Vorgehensweisen zu Business Understanding / Nutzerbezug und Data Understanding aufgebaut und erprobt.

Business Understanding und Nutzerbezug: Die wichtigsten Nutzergruppen von Ergebnissen der Felddatenanalyse wurden befragt und in Form von mittlerweile 7 Personae beschrieben (Abbildung 3). Die Personae unterstützen dabei, Anwendungsfälle einzuordnen und zu priorisieren, und auch die entsprechenden Nutzergruppen in die Lösungsfindung mit einzubinden.

Abbildung 3: Personae als potenzielle Nutzergruppen der Ergebnisse aus dem use Case (Auswahl)

Data Understanding: Daten und deren Zusammenhänge wurden und werden in Informationsmodellen bzw. in einem Business Glossar charakterisiert und die entsprechenden Datenstrukturen zum Abgleich als Anwendungsbeispiel für den Leistungsbereich „Datenbackend“ in AKKORD zur Verfügung gestellt.

Abbildung 4: Alarmsystem für Ersatzteilabgänge, Konzeptbild

Modellierung / Analysebausteine: Als erstes Anwendungsbeispiel wurde aus Daten der Ersatzteilabgänge von einzelnen Materialien bzw. Gruppen von Materialien für Gerätegruppen und Länder ein Alarmsystem als Indikator für mögliche technische Qualitätsabweichungen weltweit erarbeitet. Die Modellierung erfolgte in RapidMiner in einem auf den Anwendungsfall und dessen Anforderungen zugeschnittenen Prozess. Dort werden mittels Data Mining Verläufe prognostiziert und Abweichungen durch Vergleiche mit den tatsächlichen Verläufen bewertbar gemacht. Auf diese Art und Weise steht gleichermaßen ein Alarm- und auch ein Prognosesystem zur Verfügung. Die Evaluation wurde anhand von Nutzerbefragungen und Fallbeispielen aus historischen Daten durchgeführt mit einem sehr positiven Ergebnis für diesen Proof of Concept.

Ausblick

Abbildung 5: Verwendung Alarm- und Prognosefunktionen in einem allgemeinen Problemlöseprozess

Unter anderem in der Qualitätssicherung von Seriengeräten ist das Erkennen und Prognostizieren von Abweichungen von großem Wert: Der Problemlöseprozess lässt sich grob in fünf Schritte einteilen, die sich unter anderem auch in den Qualitäts-Prozessen von Miele wiederfinden (siehe Abbildung 5). In drei dieser Schritte, nämlich dem Erkennen und Beschreiben des Problems, bei der Quantifizierung und auch in der Überwachung der Nachhaltigkeit der Lösung spielen Analysen zu Alarm und Prognose eine wichtige Rolle.

Daher werden nun die existierenden Vorverarbeitungs- und Analysebausteine mit Unterstützung von RapidMiner und dem IPS so weiterentwickelt, ergänzt, angepasst und verallgemeinert, dass sie einerseits auf weitere Datenquellen im Use Case selbst anwendbar werden und gleichzeitig als verallgemeinerte Analyse- und Vorverarbeitungsbausteine in der AKKORD-Plattform verfügbar gemacht werden können.

In einer weiteren Fragestellung zu einer neuen Datenquelle, den Daten aus vernetzten Geräten, soll, gemeinsam mit dem IPS und RapidMiner, ergänzend zusätzlich eine neue Kennzahl aufgebaut werden.

Nicht zuletzt ist der Use Case auch so aufgebaut und besetzt, dass sich die Fragestellungen und der Teilnehmerkreis im Unternehmen für die Evaluation des Referenzbaukastens bzw. Bausteinen sehr gut eignet.

Autorin und Ansprechpartnerin:

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